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"EMPFÄNGER UNBEKANNT"
- Ein Briefwechsel um Verrat und Rache -




Dienstag
09.11.04
19:00 Uhr
SZENISCHE LESUNG
veranstaltet von Angelika Salomon,
christlich-jüdischer Dialog in der Katholischen Akademie in Berlin




Max Eisenstein lebt in St. Franzisko, hat dort mit seinem Freund und Partner Martin Schulse Bernward KonermannPatrick von Blumeeine Firma. Mit dessen Rückkehr 1932 nach Deutschland beginnt die Geschichte des kleinen Romans "Empfänger unbekannt".
Der liberale Martin wandelt sich zum Hitleranhänger und NS-Bonzen und wird aus Angst und Karrieregründen zum Verräter.
Der 1938 entstandene fiktive, aber beängstigend visionäre Brief-Dialog der US-Journalistin Kressmann Taylor erzählt über die eisige Entfremdung der beiden Freunde und über Max' erfolgreiche Rache für Martins Verrat an ihm und seiner Schwester.
Bernward Konermann liest den Max Eisenstein und Patrick von Blume liest den Martin Schulse.



Der Roman "Empfänger unbekannt" (oder "Adressat unbekannt", wie andere Übersetzungen schreiben,) der amerikanischen Journalistin Kressmann Taylor ist ein literarisches Meisterwerk von beklemmender Aktualität. Gestaltet als Briefwechsel zwischen einem Deutschen und einem amerikanischen Juden in den Monaten um Hitlers Machtergreifung zeichnet dieser Roman in bewegender Schlichtheit die dramatische Entwicklung einer Freundschaft.
Er wurde 1938 in der September / Oktober-Ausgabe der New Yorker Zeitschrift Story erstmals veröffentlicht und erregte sogleich ungeheures Aufsehen. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt hat der fiktive Briefwechsel zwischen einem Amerikaner, der in San Francisco lebt, und seinem früheren Geschäftspartner, der nach Deutschland zurückgekehrt ist, das zersetzende Gift des Nationalsozialismus erzählerisch dargestellt.
1939 brachte Simon & Schuster "Adressat unbekannt" als Buch heraus und verkaufte 50.000 Exemplare - eine enorm hohe Zahl in diesen Jahren. In einer Besprechung der New York Timer Book Review hieß es: "Diese moderne Geschichte ist die Perfektion selbst. Sie ist die stärkste Anklage gegen den Nationalsozialismus, die man sich in der Literatur vorstellen kann."
Die ansonsten weitgehend unbekannte amerikanische Autorin Kressmann Taylor hatte von 1926 bis 1928 als Werbetexterin in einer Agentur gearbeitet und ihre Anstellung dann aufgegeben, um gemeinsam mit ihrem Mann Elliott Taylor für ihre drei kleinen Kinder zu sorgen. Die Autorin erläuterte damals zur Entstehung von "Adressat unbekannt", der Text basiere auf einigen tatsächlich geschriebenen Briefen, auf die sie gestoßen sei, aber erst im Gespräch mit ihrem Mann habe die Geschichte dann ihre endgültige Form gefunden.
Nach über sechzig Jahren Vergessenheit ist "Adressat unbekannt" jetzt wieder veröffentlicht worden. Angesichts der grassierenden Fremdenfeindlichkeit in vielen Ländern der Welt, der neonazistischen Strömungen im wiedervereinten Deutschland, des erneuten Aufkeimen von antisemitischen Haltungen in Osteuropa und der zunehmenden Popularität der weißen Suprematisten und ihrer pseudoreligiös und fundamentalistisch argumentierenden Ideologen in den Vereinigten Staaten ist die Bedeutung dieses Buches von neuem augenfällig.

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